Freitag, 18. Januar 2019
diary, 18. Jan
Die letzte Überschrift ist mir peinlich.

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Eine einsame Woche gehabt, aus Versehen 5 Tage nicht geduscht. Meine Mitbewohnerin fand es nicht so gut, als ich das bemerkte und auch direkt mit ihr teilte. Auch kein Deo benutzt. Ich bin ja nicht den ganzen Tag im Schlafanzug und schlupfe morgens raus, um Deo zu benutzen, und dann wieder rein.

Mein Schweiß riecht anders nach ein paar Tagen, tiefer, würzig, männlicher. Gar nicht übel. Damals in der Mongolei nach 12 Tagen ohne Dusche lernte ich: der Körper regelt das irgendwann von selbst. Nach einer Weile schwitze ich kaum noch oder jedenfalls: ich rieche es nicht mehr. Hat sich aber auch sonst keiner beschwert.

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Heute 3 Verabredungen gehabt, Projekt: raus aus der Einsamkeit. Lunch mit C, Friseur, dinner mit S. Dann kam aber noch die Nonne dazu.

Auf dem kompletten Weg zu C's Arbeitsplatz unsere Gespräche voraus imaginiert, wie jedes Mal. C macht mich immer noch durchfall-nervös. Zwischendrin, wir lagen dicht nebeneinander auf dem Rücken im Gras, meine Regenjacke unter uns (es war ein Rugbyfeld glaube ich, jedenfalls hatte der Rasen weiße Randstreifen und es sah aus, als würde das abfärben), redete er von Unsicherheiten und Komplexen und ich sagte (endlich): You know how good looking you are, don't you? Und drehte mein Kopf in seine Richtung, wo sein Grinsen immer breiter wurde und die Lachfalten zu Gräben, oh C.
Aber dann wiegelte er nur eine ganze Weile lang ab.

Danach Friseur, die süße Koreanerin, die ich nur so halb verstehe und die in meinen Haaren mehr rupft als schneidet, aber okayer Preis ($60=36€), keine Wartezeiten, gute Lage und Austausch über Auswanderererfahrungen.
-Just shorter, sagte ich. C erzählte ich davor noch von meinen Gedanken einfach den Kopf zu rasieren wie S, the witch, es letztens getan hatte, aber so mutig bin ich nicht, leider.

Auf dem Rückweg zufällig meine Freundin, die Nonne, getroffen.

Seltsam, ich habe jetzt eine Freundin, die Nonne ist (im Probejahr, man muss 6-12 Monate probewohnen im Kloster) und eine Freundin, die eine Hexe ist (ohne Probe, man glaubt ihr das direkt). Jedenfalls hat mich die Nonne dann spontan heim begleitet. Wir haben uns zuletzt am 24.12. an ihrem Geburtstag gesehen. Der letzte Geburtstag, den sie feierte, denn als Nonne feiert man keinen Geburtstag mehr. (Sie ist gerade noch im Weihnachtsurlaub in der Stadt, dann gehts zurück ins Kloster - für immer, aber ich will sie dort besuchen, finde ich ja voll spannend, das alles.)

Und dann kam auch S, the witch, vorbei zum dinner und ich wusste schon, the witch & the nun ist eine gute Kombination. Bestimmt eine halbe Stunde lang sagte ich kein Wort, hörte ihnen nur zu und mümmelte die Wassermelone, die von der Party übrig war.

Sie unterhielten sich über alles und später über Schönheitsideale, insbesondere: Haare. Die Nonne hat erst kürzlich entschieden ihre silbergrauen Haare einfach wachsen zu lassen und the witch hat sich wie gesagt den Kopf rasiert.

Vielleicht färbt sie sich die recht schnell nachwachsenden Haare auch irgendwann purple oder blau, nur so zum Ausprobieren. Wenns ihr nicht gefällt, rasiert sie sie einfach wieder ab - und da lacht sie dreckig - wenn man das einmal hinter sich gebracht hat, hat man nichts mehr zu befürchten.
Das ist doch verrückt, sagte S., 32 Jahre lang hätte sie geglaubt, man könne nur eine Frau sein, wenn man Haare hat.

Ich fasse in meine süßen wilden Locken und bin froh sie zu haben und gleichzeitig traurig, sie zu brauchen.

S wird jetzt häufiger angelächelt und gegrüßt. Ob aus Mitleid (nur Krebskranke und Irre rasieren sich den Kopf) oder weil man sie für eine Nonne hält, eine Heilige, eine Weise - man weiß es nicht.
-Ach, das ist ja witzig, sagte die Nonne mit ihrem prächtigen pechschwarzen Haar mit den Silberstreifen, dass du die Nonnenfrisur hast von uns beiden.

Gute Gespräche mit S auch über Liebesbeziehungen, nachdem die Nonne wieder nach Hause fuhr. Wir kennen uns erst seit Kurzem, 3 Mal gesehen, und schon so viel gelernt.

S' Lache ist sensationell derb. Die Nonne fragte tatsächlich, ob sie sie sich irgendwo abgeschaut hätte und S. antwortete, schon als Kind hätte sie so gelacht, das sei ihr Markenzeichen. Früher, als ich noch Geräusche sammelte, hätte ich sie auf Audiogerät aufgezeichnet.

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Denke weiterhin an C. Einen Grashalm von seinem nackten Fußknöchel gepflückt. Und jetzt hat er per Onlinechat für das Festival abgesagt zu dem wir gehen wollten.